Thursday, November 4, 2010

Muslime wollen Migrantenquote (im Staatsdienst)

Auf dem Migrationsgipfel wurde der Streit um die Integrationspolitik nicht entschieden. Die CSU kritisiert das Ergebnis, Muslime fordern Migrantenquoten im Staatsdienst und sehen sich mit der Grünen-Forderung nach Toleranz konfrontiert.
Mit klaren Vorgaben für die Integrationspolitik will die Bundesregierung das leidige Konfliktthema entschärfen. Doch der Ausgang des Integrationsgipfels im Bundeskanzleramt stößt nicht auf einhellige Zustimmung. Bayern hält die Ergebnisse schlicht für unzureichend. Die Kommunen klagen, es fehle das Geld für Projekte. Berlins Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) forderte den „Vorrang der Bildungspolitik und die nachholende Integration“, zweifelt aber an der Realisierungschance.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) fordert eine Aufstockung der Mittel für Integrationskurse. Das Ziel von Bundeskanzlerin Angela Merkel, bis 2015 allen Zuwanderern die Teilnahme an solchen Kursen zu garantieren, reiche nicht aus. „Vor allem der Bund muss mehr tun“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“ von Donnerstag. „Weder die betroffenen Migranten noch unsere Gesellschaft können es sich leisten, da ewig Zeit zu verlieren.“


Buschkowsky forderte „klare Zielmarken“ für ein Zuwanderungskonzept. „Für mich heißt das: Punktesystem, Kindergartenpflicht, Ganztagsschulen, Sprach- und Integrationskurse ohne Sparmaßnahmen“, sagte der Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln der „Schweriner Volkszeitung“. Er fügte aber hinzu: „Das wird wohl ein Wunschkonzert bleiben.“ Kommen werde eine Kita-Pflicht. „Ich bin dafür, mit verbindlicher Vorschulerziehung so früh wie möglich zu beginnen“, sagte er. Das Betreuungsgeld für häusliche Erziehung ab 2013 sei eine „politische Missgeburt aus der Mottenkiste“. Man müsse die Kinder aus den Milieus herausholen, statt Prämien für ihr Daheimbleiben zu zahlen.

Der Zentralrat der Muslime erklärte, die Eingliederung werde „nicht durch eine Vervielfachung von Gipfeln verbessert“. Die Arbeit müsse vor Ort stattfinden. Dazu gehöre die Öffnung von Arbeitsmärkten und Parteien für Migranten. Eine Migrantenquote für den öffentlichen Dienst sei nötig, denn Menschen mit Migrationshintergrund hätten bei vergleichbarer oder sogar besserer Qualifikation oft das Nachsehen, sagte Zentralratschef Aiman Mazyek der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die Polizei habe sich früh für Migranten geöffnet; das sei auch den Ordnungshütern zugutegekommen.

Grüne für „republikanische Integration“

Den Unionsparteien warf Mazyek vor, sie würden sehr oft Migrationsthemen für Wahlkampfzwecke missbrauchen. Statt der viel beschworenen Willkommenskultur gehe das Signal eher in Richtung Drohung. „Die Union muss endlich wieder für Migranten Politik machen und nicht für den Wahlkampf“, sagte er.

Die Grünen sehen aber auch die Migranten in der Pflicht. Grünen-Chef Cem Özdemir fordert von Einwanderern eine strikte Anerkennung des Grundgesetzes, bessere Sprachkenntnisse und den Abschied von kulturellem Relativismus. Abweichende Meinungen müssten geachtet werden.

In einem Antrag für den Grünen-Parteitag in Freiburg am 19. November fordert Özdemir mit Parteifreunden „eine republikanische Integration“ unter dem „Dach des Grundgesetzes“. Darin heißt es laut einer Meldung von „Welt Online“: „Bei der Akzeptanz der Grundrechte und der Freiheit anderer gibt es für uns Grüne keinen kulturellen Rabatt.“ In Migrantengruppen dürfe kein Druck auf jene Einwanderer ausgeübt werden, die sich der deutschen Kultur anpassen wollten. „Wir Grünen wenden uns gegen einen staatlichen Zwang zur Assimilation,  verteidigen aber das individuelle Recht darauf“, heißt es.
Merkel hatte nach dem Integrationsgipfel im Kanzleramt angekündigt, dass binnen fünf bis sieben Jahren allen 1,8 Millionen Menschen mit Interesse an Integrationskursen ein Angebot gemacht werde. Die Regierung hole nach, „was 30 Jahre versäumt wurde“. Sprecher des Bundes verlangten größere Anstrengungen der Länder, um die hohe Zahl der Schulabbrecher bei Migranten zu senken. Die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU), verlangte größere finanzielle Spielräume der Kommunen, um präventiv tätig sein zu können.

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